Muhammads Hidschra
Die prophetische Mission Mohammeds (Friede sei mit ihm)
begann mit seiner ersten göttlichen Offenbarung in seinem
vierzigsten Lebensjahr. Nachdem er mehrere Jahre nur seine
allernächsten Angehörigen mit dem Islam vertraut machte, ging
er mit seiner Botschaft an die Öffentlichkeit. Dadurch
vervielfachten sich auch seine Schwierigkeiten. Immer größere
Hindernisse wurden ihm und seinen Gefährten in den Weg gelegt.
Die heidnischen Mekkaner, die Einbrüche ihrer wirtschaftlichen
und gesellschaftlichen Positionen befürchteten, bekämpften die
neue Lehre. Die kleine muslimische Gemeinschaft jener Tage
konnte all die Demütigungen und Verfolgungen nur durch ihren
festen Glauben an den einen Gott ertragen. Die ersten Muslime
wurden so sehr unterdrückt, daß eine Gruppe von ihnen im
christlichen Abbessinien Schutz suchen mußte. Die Verfolgung
eskalierte und die vorher verfeindeten arabischen Stämme
einigten sich sogar, den Propheten gemeinsam umzubringen. Auf
dem Höhepunkt der Verfolgung blieb diesem und seinen Gefährten
keine andere Wahl, als auszuwandern.
Zwei Jahre vor der Hijra hatte sich der Prophet an die
Bewohner Yathribs gewandt und sie mit den Inhalten der
islamischen Lehre vertraut gemacht. In der Stadt lebten Juden
und arabische Stämme, die dem Polytheismus anhingen. Der
Aufruf zur Wahrheit des Propheten stieß auf ihr Interesse, so
daß sich die zwei größten Stämme, die »Aus« und die »Khasraj«-
die jahrelang in Fehde gelegen waren, versöhnten und sich
gemeinsam auf den Weg der Hingabe an den einen Gott begaben.
In einer von Feindschaft getragenen Gesellschaft rief der
Islam eine grundlegende Veränderung hervor, und immer mehr
Menschen traten ein in den Geist der neuen Lehre. Die Hijra
von Mekka nach Medina - der »Stadt des Propheten« -war der
Beginn eines tiefgreifenden gesellschaftlichen Umbruchs. Der
Prophet knüpfte sogleich die Bande der Brüderlichkeit und
Liebe zwischen den Auswanderern und Helfern, wodurch die
Feindschaft unter den Stämmen beigelegt werden konnte: »Und
jene, die vorher ihren Aufenthalt und Glauben in der Stadt
gehabt hatten, lieben jene, die zu ihnen ausgewandert waren
und spüren in ihren Herzen keinen Neid gegenüber dem, was
ihnen zuteil wird; vielmehr ziehen sie jene sich selber vor,
auch wenn sie wenig haben. Und wer immer sich vor der Habsucht
seines Egos bewahrt, der gehört zu den Glückseligen.« (Sure 59
9) Die hilfsbereiten Bewohner Medinas hatten sich bereit
erklärt, die Auswanderer bei sich aufzunehmen:
Diejenigen, die geglaubt hatten, auswanderten und sich auf
dem Wege Gottes einsetzten mit ihrem Gut und Leben, und
diejenigen, die sie bei sich aufnahmen und unterstützten, sind
sich gegenseitig Helfer.« (Sure 8, 72) Die Auswanderung (Hijra)
der Muslime von Mekka nach Medina ging in die Geschichte ein.
Sie markiert den Beginn des islamischen Kalenders.
Doch handelt es sich dabei nicht um ein rein historisches
Phänomen. Hijra ist auch das Verbindungsglied zwischen dem
Stadium der Verkündigung und dem des Aufbaus eines islamischen
Staates.
Während seines dreizehnjährigen prophetischen Wirkens in
Mekka versuchte Muhammad (s.a.s.), engagierte Gläubige
heranzubilden. In dieser Zeit hatte er und seine Anhänger
viele Schwierigkeiten zu ertragen. Doch den darauffolgenden
zehnjährigen Abschnitt widmete der Prophet der praktischen
Verwirklichung der ihm offenbarten Lehre. Er schuf die erste -
und bislang einzige - ideale Muslimgemeinschaft (Ummah), die
die Inhalte der qur'anischen Lehre auch in der Praxis
widerspiegelte. Schon damals jagte die Ummah ihren Gegnern
große Angst ein. Die reichen mekkanischen Kaufleute
befürchteten den Verlust ihres Profits. Deshalb war die erste
Gemeinschaft der Gläubigen Zielscheibe massiver Angriffe. Die
Götzendiener versuchten mit allen Mitteln, die junge
islamische Solidargemeinschaft zu vernichten. Doch ohne
Erfolg! Hätten sich der Prophet und seine Gefährten jedoch
gegenüber diesen Angriffen damals nicht gewehrt und Jihad
gegen die Feinde Gottes und der Wahrheit geführt, würden wir
heute nicht mehr viel vom Islam wissen. Doch Jihad - die
aktive Gegenwehr gegenüber einer Aggression - wurde damals zum
Prinzip des Schutzes der islamischen Gemeinschaft und der
göttlichen Lehre des Islam.