Ernest Renan
Ernest Renan

Aussprache:
arabisch:
إرنست رينان
persisch:
ارنست رنان
englisch: Ernest Renan

27.2.1823-2.10.1892

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Ernest Renan war ein französischer Philosoph, Schriftsteller, Historiker, Archäologe und Orientalist. Er war Mitglied der Académie française und hat unter anderem verdeutlicht, wie sehr Averroes die Philosophie der Westlichen Welt beeinflusst hat.

Ernest Renan ist am  27. Februar 1823 in Tréguier (Côtes-d’Armor) geboren. Zunächst Student der katholischen Theologie, war er ab 1838 am Seminar Saint-Nicolas-du-Chardonnet in Paris, wechselte 1841 an das Seminar von Issy und 1843 an das Grand Séminaire de Saint-Sulpice. 1844 erhielt er die niederen Weihen, verließ aber das Seminar 1845, da ihm schwerwiegende Zweifel an der historischen Wahrheit der Heiligen Schrift des Christentum aufgekommen waren. Er lehnte eine auf christlichen Dogmen beruhenden Moral ab und begeisterte sich für den deutschen Idealismus und die kritische "deutsche Exegese" der Bibel ("Tübinger Schule") mit rassistischen Gedankengängen.

1855 gab Renan eine historisch-systematische Konkordanz der semitischen Sprachen heraus. Verschiedene Reisen vor allem in den Nahen Osten führten zur Entstehung seines Hauptwerkes "Das Leben Jesu", dessen erster Band 1863 erschien. In diesem Werk versucht Renan, das Leben, die Gestalt und den Weg Jesu aus den antiken Verhältnissen seiner Zeit heraus zu erklären und die Gestalt Jesu als die eines Menschen darzustellen, der nach seinem Tod von seiner Gemeinde zum "Gott" gemacht wurde. Am Paradigma eines Evolutionismus orientiert, sieht Renan die Religionsgeschichte als Fortschritt zu immer größerer moralischer Perfektion.

Für sein Werk wurde Renan zunächst scharf angegriffen und 1863 sogar vorübergehend als Professor entlassen, dennoch waren innerhalb von sechs Monaten von der französischen Auflage von "Das Leben Jesu" sechzigtausend Exemplare verkauft, und eine Auflage folgte der anderen. Ein Jahr später wurde Renan rehabilitiert und 1878 zum Mitglied der Académie française gewählt.

Gegenüber der Demokratie war er sehr kritisch eingestellt. In seinem Werk, Dialogues et fragments philosophiques schreibt er 1876: "...Es ist sehr zu befürchten, dass das letzte Ergebnis der so verstandenen Demokratie einen gesellschaftlichen Zustand darstellen würde, in dem eine verkommene Masse keine anderen Besorgnisse hat, als dem Genuss und dem Vergnügen des unedlen Durchschnittsmenschen zu frönen."

Bekannt ist Renan auch für seine Rede vom 11. März 1882 in der Sorbonne: Was ist eine Nation?, in der er folgende, moderne Definition gibt:

"Die Nation ist eine große Solidargemeinschaft, die durch das Gefühl für die Opfer gebildet wird, die erbracht wurden und die man noch zu erbringen bereit ist. Sie setzt eine Vergangenheit voraus und lässt sich dennoch in der Gegenwart durch ein greifbares Faktum zusammenfassen: die Zufriedenheit und den klar ausgedrückten Willen, das gemeinsame Leben fortzusetzen. Die Existenz einer Nation ist (man verzeihe mir diese Metapher) ein tägliches Plebiszit, wie die Existenz des Individuums eine ständige Bekräftigung des Lebens ist. ... Die Nationen sind nichts Ewiges. Sie haben einmal angefangen, sie werden enden. Die europäische Konföderation wird sie wahrscheinlich ablösen."

In seinen Études d'Histoire Religieuse (Studien zur Religionsgeschichte) behauptet er - auch in der Tradition von Christian Lassen -, "Semiten" sei militärischer, politischer, wissenschaftlicher und geistiger Fortschritt fremd; Intoleranz sei die natürliche Folge ihres Monotheismus, den sie den vom Polytheismus geprägten "Ariern" aus ihrer Kultur "übergestülpt" hätten. Ihr arrogantes Erwählungsbewusstsein sei seit 1800 Jahren verantwortlich für den Hass auf sie. Damit meinte er die Juden und die Muslim bei völliger Ausklammerung, dass auch Jesus (a.) ein Semit war. Andere nannten Renans Äußerungen "antisemitisch". Gottfried Müller analysierte Renans Studien, die er unter anderem auch bei einem Vortrag am 29. März 1883 an der Sorbonne unter dem Titel "Der Islam und die Wissenschaft" über seine Zuhörer kommen ließ, in dem Artikel "Die arabischen Wissenschaften als Medium antiker Überlieferung im europäischen Mittelalter" (in: J. Cobet, C.F. Gethmann u. D.Lau (Hrsg.), Europa Die Gegenwärtigkeit der antiken Überlieferung, Aachen, 2000.) und deutete auf einen Zusammenhang mit der imperialistischen Kolonialpolitik Europas.

Bereits 1852 veröffentlicht er in seinem Werk "Averroes et l'Averroisme" wie sehr Averroes die Philosophie der Westlichen Welt beeinflusst hat. 1862 kam er - bei einem Vergleich zwischen Sanskrit und Hebräisch - zum Schluss, dass die „schreckliche Einfalt des semitischen Geistes das menschliche Gehirn zum Schrumpfen bringe und es jeder höheren geistigen Leistung gegenüber verschließe.“ Seine Abneigung gegen Semiten formulierte er in späteren Jahren immer deutlicher. 1883 bescheinigte er in einer "Vorlesung über die semitischen Völker" die Unfähigkeit zu wissenschaftlichen und künstlerischen Leistungen wegen „(…) der schrecklichen Schlichtheit des semitischen Geistes, die den menschlichen Verstand jeder subtilen Vorstellung, jedem feinsinnigen Gefühl, jedem rationalen Forschen unzugänglich macht, um ihm die immer gleiche Tautologie 'Gott ist Gott' entgegenzuhalten“.

Da er an die Entwicklungsfähigkeit und den Fortschritt der Menschheit glaubte, verwendete er Begriffe der Rassenlehre nie in einem biologischen Sinn. Zudem war er überzeugt, dass die Weiterentwicklung der Menschheit gerade auf ihrer Vermischung beruhe, so dass einzelne "Rassen" immer mehr an Bedeutung verlieren würden. Gegen den nach 1870 n.Chr. aufkommenden Antisemitismus und Rassismus hat er sich dann selbst mit Entschiedenheit ausgesprochen.

Eine mehrsprachige Gedenktafel ist für ihn im Istanbuler Museum für Geschichte der Wissenschaft und Technik im Islam angebracht. Er soll einen Briefwechsel mit Dschamaluddin Afghani gehabt haben.

Zu seinen Werken zählen:

bulletDas Leben Jesu, Paris, 1863, in 1. Band seiner »Histoire des origines du christianisme«, 7 Bände, 1863-1883. (engl. Übersetzung: Life of Jesus)
bulletWas ist eine Nation?, Rede vor der Sorbonne, 1882, Paris
bulletDer Islam und die Wissenschaft, eingel. u. hrsg. von Klaus H. Fischer, Schutterwald/Baden 1997

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