Barbarossa
Chayruddin Barbarossa

Aussprache: chayrud-diyn barbarossa
arabisch:
خير الدين بربروس
persisch:
بارباروس خیرالدین
englisch:
Hayreddin Barbarossa

1478 - 4.7.1546 n.Chr.

Foto: Wachsfigur im Istanbul Aquarium

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Chizr, genannt Chayruddin oder Chayreddin (Segen des Glaubens), von den christlichen Europäern Barbarossa genannt (türkisch: Hızır, Barbaros Hayreddin Pascha) war ein osmanischer Admiral (Kapudan Pascha bzw. Pascha der Kapitäne) im westlichen Mittelmeer, Herrscher von Algier. In Europa nannte man ihn "Schrecken der christlichen Seefahrt" oder aber auch das "gezogene Schwert des Islams".

Der Name Barbarossa, eigentlich Barberousse, leitet sich nicht - wie bei Kaiser Friedrich Barbarossa - von einem rötlichen Bart ab, sondern ist eine französische Verballhornung des türkischen Ehrentitels Baba Oruç, deutsch "Vater Arudsch", den er sich durch seinen Bruder Arudsch Barbarossa durch die Rettung der, durch die Inquisition verfolgten, spanischen Muslime und Juden und deren anschließender Ansiedlung in Nordafrika und in Küstengebieten um Istanbul erwarb.

Chayruddin wurde um 1474 als jüngster von vier Söhnen in Midilni auf der Insel Lesbos geboren. Nachdem die Insel 1462 Teil des Osmanischen Reichs wurde, ließ sich sein Vater Jakub (ein ehemaliger Janitschar oder Sipahi-Soldat) auf der Insel nieder, wo er Catalina, Witwe eines griechischen Priesters, heiratete. Aus dieser Ehe gingen neben zwei Töchtern noch vier Söhne hervor. Die Söhne hießen, dem Alter nach, Arudsch, Elias, Isaak sowie Chizr, der als jüngster Sohn seinem Vater in der familieneigenen Töpferei half. Erst um das Jahr 1500 herum verließen Chizr mit sechsundzwanzig Jahren sowie sein vier Jahre älterer Bruder Arudsch Lesbos in Richtung Nordafrika.

Unter der Führung von Arudsch verstanden sie es, sich in kürzester Zeit eine eigene schlagkräftige Flotte aufzubauen, mit der sie das westliche Mittelmeer zu beherrschen suchten. Schwerpunkte ihres Machtanspruches auf See mit Startpunkt Golf von Tunis, waren die Meerenge von Sizilien sowie die Küsten Kalabriens, Sardiniens sowie Korsikas, wo sie Zölle von den Schiffen erhoben. Chayruddin und sein Bruder gehörten im Jahre 1510 zu den reichsten Männern des Mittelmeeres und befehligten insgesamt acht Galeoten. Basierend auf ihrem Erfolg eroberte Chayruddin mit seinem Bruder Arudsch 1516 Algerien von der See aus und wurde nach dessen Tod 1518 Bey von Algier (1518–1546), dessen Hafen fortan als Ausgangspunkt diente, die ostwestlichen Seewege im westlichen Mittelmeer zu kontrollieren und zu beherrschen. Chayruddin erkannte die Oberhoheit der Osmanen an und wurde vom Sultan Süleyman I. zum Pascha ernannt. Fortan galt er als Generalgouverneur von Algier. Chayruddin konnte mit osmanischer Militärhilfe 1529 die Spanier in Bône und Constantine besiegen.

Aufgrund seiner erfolgreichen Kriegsführung wurde er im August 1533 von  Süleyman I. zum Oberbefehlshaber der osmanischen Mittelmeermarine (Kaptan-i Derya) ernannt. Den Winter 1533/34 verbrachte er in Istanbul, wo er sein Augenmerk auf die Reorganisation der hauptstädtischen Werft am Goldenen Horn richtete. Mit der Unterstützung des Großwesirs Ibrahim machte sich Chayruddin daran, die Werften der osmanischen Marine umzugestalten, auf deren Gelände er sich den ganzen Winter über aufhielt. Neben der Neugestaltung der osmanischen Kriegsflotte wurden unter seiner Regie neue Schiffe entworfen.

Nachdem den ganzen Winter hindurch gearbeitet wurde, stach Chayruddin als Großadmiral der erneuerten osmanischen Kriegsflotte im Juli 1534 mit insgesamt vierundachtzig Galeeren und Galeoten vom Goldenen Horn aus in See. Ziel der Flotte war es u.a. Teile der südlichen Westküste Italiens zu erobern. Chayruddin selber wandte sich nach Südwesten mit Kurs auf den Golf von Tunis, wo es ihm im August 1534 unter Beihilfe der ihm zur Seite gestellten Janitscharen gelang unter geringem Widerstand die Stadt einzunehmen und sie somit in den Herrschaftsbereich der Osmanen einzugliedern.

Karl V. konnte die Besetzung Tunis seitens der Osmanen aufgrund der strategisch bedeutsamen Lage nicht akzeptieren. Er brach Ende Mai 1535 mit seiner Flotte von Barcelona aus auf und traf am 14. Juni 1535 mit rund sechshundert Schiffen in Tunis ein. Noch am selben Tag begann die Belagerung der Stadt, an der auch die Ritter des Johanniterordens von der Insel Malta beteiligt waren. Chayruddin konnte die Stadt nicht halten und sah sich gezwungen sich nach Bône abzusetzen. Tunis wurde einer dreitägigen Plünderung freigegeben.

Doch anstatt sich wie seitens der Spanier vermutet in die Levante zurückzuziehen, stach Chayruddin zum Gegenschlag mit fünfzehn Galeoten aus Bône auf nordwestlichen Kurs in Richtung der Balearen in See. Während Andrea Doria auf Befehl Karl V. die nordafrikanische Küste nach ihm absuchte, griff Chayruddin mit seiner Flotte die im Norden der Insel Menorca gelegene Hafenstadt Maó an und eroberte zahlreiche Geschütze als Ersatz für die in der Schlacht um Tunis verloren gegangenen Kanonen.

Trotz des vorläufigen Verlustes von Tunis, welches 1574 wieder seitens der Osmanen zurück erobert wurde, gelang es Chayruddin sich in Algerien zu behaupten und die Stämme des Hinterlands schlossen sich ihm an.

Viele der Ägäischen Inseln, wie z.B.Kreta, waren um das Jahr 1535 im venezianischen Besitz und wurden seitens der Osmanen und ihrer Flotte nicht behelligt. Zwischen der Republik Venedig und der Hohen Pforte wurden zu dieser Zeit freundschaftliche Beziehungen unterhalten. Doch trotz des zwischen den beiden Mächten herrschenden Friedens, wurden Handelsschiffe des Sultans auf ihrer Fahrt zwischen Istanbul und Nordafrika vermehrt seitens der Venezianer überfallen und die Besatzung in die Sklaverei verschleppt. Dieser Friedensbruch konnte seitens der Osmanen nicht akzeptiert werden, so dass im Spätherbst 1535 Chayruddin nach Istanbul berufen wurde. Von Sultan Süleyman I. wurde er mit der Aufgabe betraut, die christlichen Mächte aus der Levante, dem Ägäischen sowie dem Adriatischen Meer zu vertreiben, um hierdurch die Seewege in der Nähe des osmanischen Herrschaftsbereiches wieder unter Kontrolle zu bekommen. Dies hatte zur Folge, dass das ganze Jahr 1536 hindurch auf den Werften und in den Waffenfabriken Istanbuls ein reger Betrieb zur Wiederaufrüstung der osmanischen Flotte herrschte.

Im Mai 1537 waren die Arbeiten beendet und Chayruddin führte die osmanische Flotte, die aus mehr als einhundert Galeeren bestand, aus den Gewässern des Goldenen Horns hinaus. Das erste Ziel der Flotte war es die Küste Apuliens zu erreichen. Hierbei musste Andrea Doria, der mit seinen Galeeren im Hafen von Messina lag, einsehen, dass seine Streitkräfte nicht stark genug waren, es in einer offenen Konfrontation mit Chayruddins Flotte aufzunehmen. Nahezu alle Inseln, die im Besitz der Republik Venedig waren, mussten angesichts der Eroberungszüge durch die osmanische Flotte erkennen, dass die Jahre des Friedens zwischen der Serenissima und dem Sultan vorbei waren. So wurden den Inseln eine alljährliche Zahlungen auferlegt, die sie an die Hohe Pforte in Istanbul zu entrichten hatten.

Die Unternehmungen Chayruddins im Jahre 1537 hatten somit einerseits zur Folge, dass neben 400000 Goldstücken, zahlreiche Inseln fortan entweder Bestandteil des Osmanischen Reiches wurden, wie bsp. Naxos, Kasos oder auch Karpathos, oder dass sie dem Sultan in Istanbul zu Zahlungen verpflichtet waren.

Nachdem Chayruddin im September 1538 die Flotte der Heiligen Liga, die unter dem Kommando Andrea Dorias stand, in der Seeschlacht von Prevesa vor der griechischen Küste besiegt und hierdurch die osmanische Vormachtstellung sowohl im östlichen als auch im westlichen Mittelmeer gesichert hatte, waren seine letzten Jahre als Großadmiral durch das Bündnis zwischen Frankreich und dem Osmanischen Reich gekennzeichnet, was zur Schwächung und Auflösung der Macht Spaniens beitrug. Der französische König Franz I. benötigte Hilfe, um sich auch gegen Karl V. durchsetzen zu können, wobei diese Allianz urkundlich nie fixiert wurde.

Nach dringlichem Ersuchen Franz I., segelte Chayruddin im Sommer 1543 auf Befehl Sultan Süleymans I. mit einer Flotte von einhundert Galeeren in Richtung Frankreich mit dem Ziel, die Herrschaftsgebiete des spanischen Königs zu schwächen. Nachdem Reggio erobert wurde, belagerte und eroberte Chayruddin mit seinen Streitkräften die nördlich von Neapel gelegene Burg der Stadt Gaeta und zog anschließend mit seiner Flotte nordwärts zum Treffpunkt mit den französischen Seestreitkräften vor Marseille. Die vereinte französisch-osmanische Flotte eroberte im September Nizza, wobei die Erstürmung der Stadt hauptsächlich den osmanischen Belagerungsgeschützen zuzuschreiben ist.

Bevor sich Chayruddin mit der von ihm befehligten Flotte zur Überwinterung nach Toulon zurückzog, schickte er ein Geschwader Galeeren mit dem Auftrag aus, Städte und Häfen an den Küsten Kataloniens anzugreifen, um hierdurch den ihm auferlegten Auftrag nachzugehen, im Herrschaftsbereich Karls V. so viel Schaden wie nur möglich anzurichten. Selbst die Gegner zollten Chayruddins Truppen Respekt und lobten deren Disziplin sowohl im Kampf als auch in Friedenszeiten beim friedlichen Zusammenleben mit der Stadtbevölkerung Toulons. Die Macht Chayruddins war zur Jahreswende 1543/44 wohl an seinem Höhepunkt.

Im Frühling des Jahres 1544 stach Chayruddin mit der osmanischen Flotte von Toulon aus wieder in See Richtung Istanbul und mit zwischenzeitlichen Feldzügen gegen die Insel Elba, die Insel Procida vor Neapel und Ischia. Die Kriegsschiffe der Osmanen waren bei ihrer Ankunft in Istanbul gefüllt mit Gold, Beutestücken aus Italien und Spanien, Geld und Geschenken aus Frankreich sowie eingesammelten Tributzahlungen der Inseln des Ionischen Meeres und der Ägäis.

Chayruddin starb am 4. Juli 1546 im Alter von dreiundsechzig Jahren in seinem Palast am Bosporus an Fieber. Er wurde in seinem Mausoleum im heutigen Barbaros Park des Istanbuler Stadtteils Beşiktaş beigesetzt. Im Jahre 1944 wurde zu seinen Ehren unmittelbar neben seinem Grab ein Denkmal errichtet, auf dessen Rückseite folgende Zeilen vom türkischen Dichter Yahya Kemal Beyatli stehen: „Woher kommt der Kanonendonner vom Meereshorizont? Ist es etwa Chayruddin, der mit seiner Flotte von einer Fahrt zurückkehrt? Von den Inseln? Aus Tunesien? Aus Algerien? Zweihundert auf offenen Meer fahrende Schiffe kommend aus Richtung des aufgehenden Mondes, welche gesegnete Morgendämmerung lasst ihr hinter Euch?“

In den osmanischen Annalen für das Jahr 1546 ist schlicht und einfach festgehalten: „Der König der See ist tot.“ Im Istanbul Aquarium ist ihm eine Wachsfigur gewidmet.

Die späteren Unternehmungen "Barbarossa" gehen allerdings nicht auf Chayruddin zurück sondern auf Friedrich I. (ca. 1122 - 1190 n.Chr.), der ebenfalls Barbarossa genannt wurde.

Im Seefahrtsmuseum Istanbul ist Barbarossa eine Büste gewidmet. In unmittelbarer Nähe befindet sich sein Schrein.


Barbarossa besucht Süleyman I., Miniatur aus dem Süleymanname 1558 n.Chr.

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